Genesis Field Experiment

Glaube und MudArt. Zwei grundverschiedene Sphären, denen man auf den ersten Blick nichts Gemeinsames zutraut. Luftgeboren, nicht greif-, noch sichtbar das Eine, Privatsache zudem und seit Jahrtausenden von Menschen umstritten, blutig missioniert, Wunden aufreißend, die sich nur sehr langsam schließen, wenn überhaupt. Des Menschen Glauben sind so vielfältig wie die Spezies selbst.

Im Kontrast dazu Dieselruß produzierende Maschinen. Kraftstrotzende Monster aus Stahl. Hartgummibereifung, wenn nicht gar Ketten, und am Steuer der seelenlosen Gebilde mit dem schier grenzenlosen Hubraum tollkühne Kerle und raubeinige Frauen, die vor Publikum  buhlen, wenn sie bei MudArt-Festivals, Kunstausstellungen, Contests und anderen Zusammenkünften auftreten. Events, deren einziger Zweck es ist, die eleganteste Kreation in die Erde zu ritzen. Da ist nichts Religiöses, möchte man sagen. Da herrscht das Gesetz des Besseren. Triumph oder Untergang!

Das kleine, feine MudArt-Festival ‚Spirit of the Mormons‘ im beschaulichen Städtchen Brainwash/Utah beweist, dass Beides doch zusammengeht. Sogar sehr gut.

Erschaffe Deine Wunde. Zeige Deine Wunde. Reiß‘ die Erde auf, bringe die Saat aus. Lasse es wachsen. Ernte. Heile die Wunde und versöhne dich.

Verwühltes Stück Ackerland, etwa drei viertel des Bilds zeigen Reifenspuren großer Landmaschinen auf einem grünen Feld. Am Horizont ein dunkler Streifen Hecken und blassblauer Himmel.
Genesis Field Experiment

Die Eröffnung des SOM-Festivals (Spirit of the Mormons-Festival) am Pfingstwochenende 2020 durch Reverend Jenns E. Shmidddt geriet zu einer Mischung aus Gottesdienst, Andacht und Laudatio. Jenseits des kleinen Städtchens hatte man ein vier Acres großes Gelände hergerichtet, auf dem normalerweise Mais und Getreide angebaut wird. Ein fruchtbarer Acker, der für einen Moment zu Stillstand verurteilt wurde, um kurzerhand gestraft, begnadigt und rehabilitiert zu werden. Ein tief gläubiger Prozess unter der Regie von Zerstörung in der Gewissheit, dass Heilung und Versöhnung immer möglich sein werden.

Eine handvoll internationaler Mudartisten, Heiko Moorlander (A/USA), Lucy Van Damme (NL), Kim Un Kim (KP), Frank-Ferdinand Berliner (D), Romain d‘ Alsace (F) und Katharina Bukowskaja (RU) arbeiteten bei dem monumentalen kollektiven Kunstwerk ‚The Genesis Fields Experiment‘ zusammen. Kaum erkennbar, wer welche Spuren hinterließ, aber …

[…] die Gesamtkomposition ist stimmig und der Würde des Ereignisses angemessen. Alle schaffen zusammen für ein großes Ziel. Kein Ego, das hervorsticht, niemand, der auf Teufel komm‘ raus gewinnen möchte und sich mit Ellenbogen durchsetzt. Ein kleines So-sollte-es-immer-sein in dieser verwüstetsten aller Welten. Glaube und MudArt, das hat das Kollektiv bewiesen, geht gut zusammen und es ist möglich, zwar nicht einfach, aber es ist möglich, die Schranken nationaler Zwistigkeiten niederzureißen. (Ed Corman für den Saltlake City MudArt Chronicle).

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.